Handkuss oder Hallo? Bei jungen Menschen und auf der Straße laufen Begrüßungen oft locker ab, ein kurzes «Hi» und eine Begrüßung ohne Handkuss ist insbesondere bei jüngeren Menschen üblich. Ein großes Umgewöhnen ist hier also nicht erforderlich. Das sollte aber nicht dazu verleiten, zu denken, dass dies immer so ist. Denn: Bei Familienbesuchen, formalen Anlässen oder Besuchen «zu Hause» sieht dies anders aus; hier wird ein Handkuss oder eine Begrüssung per «polnischem Kuss» oft erwartet. Auch, wenn man sich nicht so gut kennt. Der Kuss ist auch für den Abschied vorgesehen. Höfliches Verhalten - in Deutschland oft vergessen oder aus der Mode - ist nach wie vor gern gesehen, wenn auch auf ausländische Sitten - wohl aus Höflichkeit - natürlich Rücksicht genommen wird: Es wird nicht übel genommen, wenn man sich anders verhält. Dennoch: Positiv bewertet wird, wenn man sich ein wenig anpasst. Das ist sicher nachvollziehbar, zeigt es doch, dass sich der Gast Gedanken macht und sich informiert hat; dass er seine Gastgeber wertschätzt.
Auch in der Anrede spiegelt sich die Wertschätzung wider: Wenn ein Titel vorhanden ist, etwa ein Doktor oder Direktor, wird dieser im Alltag und im Geschäftsleben verwendet. Bei engeren Bekanntschaften wird die formale Anrede «Frau» oder «Herr» mit dem Vornamen kombiniert. Auch wenn man selbst mit einem überhöhten Titel angesprochen wird, gibt es keinen Grund, dies zu korrigieren: Etwas Überhöhung zeigt auch Wertschätzung.
Zur Tradition: Traditionell üblich ist in Polen, dass Männer den Frauen zur Begrüßung einen Handkuss, der nicht schmatzend und laut, sondern eher angedeutet ist, geben. Das ist - wie geschrieben - nach wie vor so, zumindest bei förmlichen Anlässen. Auch bei jüngeren Menschen und Städtern! Dazu gehört auch das Aufhalten der Tür, das Vorangehen der Dame und alles, was jüngere Menschen in Deutschland erst langsam wieder für sich entdecken. Zum Beispiel das Beginnen des Essens nach dem Gastgeber, das richtige Verwenden des Bestecks, der Versuch, dem Gast alle Wünsche zu erfüllen oder das Aufstehen im Bus für ältere Menschen. Höflichkeit ist nach wie vor eine positive Eigenschaft, im Gegensatz zu Deutschland wird sie in Polen noch wesentlich stärker gelebt, auch, wenn man gelegentlich in den Straßen einen anderen Eindruck bekommt: Die auf der Strasse gezeigte «Coolness» durch das Gegenteil von Höflichkeit lässt sich als eine Art «jugendlichen Wunsch» nach Andersartigkeit interpretieren. Wir haben darin keinen echten Trend erkennen können.
Das bedeutet aber nicht, dass im lockeren Umgang mit Freunden nicht ganz lockere Umgangsformen gebraucht werden. Wenn Sie also in einer Situation unsicher sind, ob Lockerheit im Umgang angebracht ist, wählen Sie lieber die etwas formalere Variante - damit machen Sie garantiert nichts falsch. Seien Sie auch nicht verwundert, wenn Sie nur mit einem lockeren «Hi» gegrüßt werden - dann können Sie genau so reagieren.
Begrüßung und Verabschiedung
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