Geschichte
Die Geschichte von Polen und Deutschland ist eng verknüpft. Die Ereignisse zur Zeit des Nationalsozialismus haben selbstverständlich Auswirkungen auf das heutige Verhältnis. Viele Bürger in Deutschland haben zudem eine polnische Vergangenheit, über die aber oft wenig bekannt ist. Wenn Sie das interessiert, sind Sie in diesem Artikel richtig - und lernen auch gleichzeitig viel über die heutige Situation.
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Nach dem Angriff Hitlers am 1. September 1939
Nach dem Angriff Hitlers am 1. September 1939 wurde schnell deutlich, dass die polnischen Truppen unterlegen und zu weit auseinander aufgestellt waren. Gdańsk (Danzig) als freie Stadt wurde zuerst annektiert. An den Angriff, der den Krieg eröffnete, erinnert heute ein Denkmal an der Gdańsker (Danziger) Westerplatte (siehe auch: Reiseberichte). Die Alliierten erklärten Deutschland zwar den Krieg (Großbritannien und Frankreich bereits am 3. September 1939), konnten aber nicht sofort unterstützend eingreifen. Anfang Oktober kapitulierte Polen. Etwa 100.000 Soldaten aus Polen bildeten nach ihrer Flucht in Nachbarländer eine Exilarmee, die später eine Rolle spielt. In Polen kam ob des Angriffs Haß auf Deutsche auf und etwa 5.500 Menschen fielen diesem Haß zum Opfer - Grund genug für Hitler, am ganzen polnischen Volk Rache zu üben. Millionen polnische Zivilisten, darunter fast die gesamte polnische jüdische Bevölkerung, wurde in Konzentrationslagern (nur die bekanntesten: Auschwitz, Stutthof, Majdanek, Treblinka, insgesamt 5877) ermordet. Die restliche Bevökerung sollte vollständig germanisiert werden, indem die gesamte Intelligenz ausgeschaltet wurde. Terror, Willkür, Ausbeutung und Mord an Polen war alltäglich. Die systematische Vernichtung von Juden war ebenfalls Bestandteil der deutschen Vorgehensweise. Die Polen unterstützten die jüdischen Kampfgruppen mit Waffen und beteiligten sich an den Aufständen, die jedoch alle schnell von den Deutschen niedergeschlagen wurden.In russische Gefangenschaft gelangte Polen kamen in Gefangenenlager in Russland, polnische Offiziere und Unteroffiziere der polnischen Armee wurden zu Tausenden vom sowjetischen Staatssicherheitsdienst erschossen. Das Territorium wurde zwischen Russland und Deutschland aufgeteilt, zum Teil zwangsweise, zum Teil durch die Einsetzung politischer Marionetten.
Die Exilregierung
Recht rasch bildete sich um den General Władysław Sikorski eine Exilregierung, die auch von Frankreich, Großbritannien sowie den USA anerkannt wurde. 1939 entstand ein Exilparlament, bestehend aus 19 geflüchteten oder ins Exil gegangenen Oppositionspolitikern. Die Exilarmee kämpfte bereits 1940 mit in Frankreich und Norwegen. In Polen selbst entstand eine ebenfalls rund 100.000 (Stand 1940) starke Untergrundarmee, der «Verband für den bewaffneten Kampf», später «Armee im Lande». Im Jahr 1942 wurde auch eine kleinere Untergrundgruppe, die kommunistische «Polnische Arbeiterpartei» aktiv - von Russland - unterstützt.Die Exilregierung begann Verhandlungen mit Russland, die in einem Bündnis mit Sikorskis Exilregierung im Juli 1941 mündeten. Kurz zuvor hatte Deutschland die Sowjetunion überfallen. Anfang 1943 wurden die Differenzen in der Exilregierung unüberbrückbar: Auslöser war das Verlangen der Exilregierung an Russland, eine Erklärung über das Verbleiben von 10.000 polnischen Offizieren, deren Leichen noch nicht gefunden wurden, zu bekommen. Russland brach daraufhin alle diplomatischen Verbindungen ab. Sikorski verunglückte kurz darauf tödlich.
Die Zuordnung Polens
In Verhandlungen mit den Alliierten setzte Stalin für Russland durch, dass Polen nach Kriegsende Russland zugeordnet werden sollte. Russland setzte eine polnische Regierung ein, die jedoch stark russisch kontrolliert wurde. Die quasi entmachtete Exilregierung verhielt sich vergleichsweise ruhig und wies die Untergrundgruppen in Polen an, nicht gegen die offiziell Regierenden vorzugehen. Ziel war, einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Als jedoch die Untergrundgruppe «Armee im Lande» eine Chance witterte, schneller als die sowjetischen Truppen Warszawa (Warschau) einzunehmen, war sie zunächst, Anfang August 1944, auch erfolgreich. Doch durch die schnelle, hastige Vorbereitung des Angriffs konnte die «Armee im Lande» die Stellung in Warschau gegen die Deutschen nur kurz halten und musste im Oktober kapitulieren. Die sowjetischen Truppen hätten eingreifen und der Untergrundgruppe helfen können, haben es aber nicht: Ein Punkt, der noch heute das Verhäntnis zwischen Russland und Polen belastet. Warschau wurde vollständig zerstört.Das Kriegsende
Im Januar 1945 bildete sich eine «Provisorische Regierung» in Polen. Die Kämpfer der «Armee im Lande» wurden größtenteils nach Russland deportiert und dort zumeist verhaftet. Es entstanden unter der «Provisorischen Regierung» zahlreiche Behörden, auch in Gdańsk (Danzig), das nun polnische Wojewodschaft wurde. Eine Wojewodschaft ist ein Bezirk, etwa einem Bundesland vergleichbar.<br&> Nachdem die Vorstellungen der Exilregierung Polens von der Ostgrenze des Landes weder von Russland noch von den Alliierten akzeptiert wurden, trat der Vorsitzende der Exilregierung zurück. Damit verlor diese ihr Mitspracherecht. Die Konferenz von Jalta im Februar 1945 legte die Ostgrenze Polens fest und ließ die Westgrenze noch offen. Regiert werden sollte Polen nach den Beschlüssen der Konferenz durch die «Provisorische Regierung» unter Hinzuziehung einiger Politiker der polnischen Exilregierung - diese war damit tatsächlich unwichtig geworden.Insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt im 2. Weltkrieg rund sechs Millionen Polen getötet worden, rund ein Fünftel der Bevölkerung. Da besonders die Intelligenz und Facharbeiter ums Leben gekommen waren, und die Industrie weitgehend zerstört oder durch die Sowjetunion abgebaut worden war, war die wirtschaftliche Situation katastrophal.
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Krisen und externe Einflüsse
Die im Juni 1945 gegründete «Regierung der Nationalen Einheit» (PZRN = Polski Rząad Zijenoczenia Narodowego) wurde umgehend von den USA und Großbritannien anerkannt. Durch die Grenzfestlegungen der Potsdamer Konferenz (August 1945) ergab sich eine kleinere Territorialfläche für Polen. Immerhin handelte es sich um eine strategisch günstigere Lage, und gut erschlossene Gebiete gehörten zum Gebiet. Allerdings ergab sich auch die Erforderlichkeit von Umsiedlungen, zumindest sahen das die Regierungen so. Letztendlich waren es Vertreibungen, bei denen 2,1 Millionen Polen aus der UdSSR nach Polen und über eine halbe Million Litauer, Ukrainer und Weißrussen in die andere Richtung vertrieben wurden. Auch 2,4 Millionen Menschen aus Zentralpolen und rund 200.000 Polen aus Frankreich und Belgien wurden in die «wiedergewonnenen Gebiete» umgesiedelt. 8,4 Millionen Menschen mussten das Land (Menschen aus Gdansk (Dańzig), den ehemaligen deutschen Ostgebieten und viele Polen mit deutscher Staatsangehörigkeit) nach Deutschland verlassen, womit diese überhaupt nicht einverstanden waren. Bei dieser Vertreibung kamen insgesamt 1,5 Millionen Deutsche ums Leben.Die PZRN war komplett an die UdSSR gebunden. Hintergrund war, dass man in dieser Regierung davon ausging, dass nur die starke UdSSR den so geschaffenen territorialen Status stützen könnte. Wegen innerparteilicher Differenzen gründete der Minister für Landwirtschaft und Agrarreform, Mikołajczyk, eine eigene Partei mit starkem Zulauf: Die «Polnische Bauernpartei» (PSL = Polskie Stronnictwo Ludowe). Durch politische Tricksereien und Wahlmanipulation der politischen Gegner kam die PSL trotz starker Zustimmung jedoch nicht an die Macht. PSL-Angehörige wurden stark behindert und sogar verfolgt, so dass sich Mikołajczyk 1947 gezwungen sah, auszuwandern. An der Macht war nun die PPR, die mit Bolesław Bierut den Staatspräsidenten stellte. Der Kommunismus installierte sich unter Mißachtung von demokratischen Prinzipien, die Wahl des Sejm war manipuliert.
Stärkerer Einfluss der UdSSR
Nach internen Differenzen in der PPR wurde eine stärker stalinistische Linie gefahren: Die PPS, eine weitere kommunistische Partei, die zuvor den Ministerpräsidenten stellte, wurde mit der PPR fusioniert und hieß nun PZPR (= Polska Zjednoczona Partia Robotnicza), dann wurden auch die beiden Bauernparteien (SL und PSL) zusammengefasst, so dass es daneben nur noch eine kleine demokratische Partei (SD = Stronnictwo Demokratyczne) gab.Nach und nach tauschte Stalin alle Funktionäre aus, es folgte die Umgestaltung der Agrarwirtschaft in ein Kollektiveigentum, die Besetzung des Militärs mit Stalinisten und der Beitritt zum Warschauer Pakt. Gegen Oppositionelle wurde zwar nicht sehr brutal vorgegangen, sie wurden jedoch politisch ausgeschaltet.
Die polnische katholische Kirche blieb vergleichsweise unabhängig.
Wirtschaftliche Krise ab 1956
Die Industrie wurde weiter verstaatlicht, jedoch musste die Kollektivierung der Landwirtschaft wegen vielfältiger Probleme aufgegeben werden: Es wurde einfach zu wenig produziert, was an Mißernten und Fehlorganisation lag. Die Bevökerung war unzufrieden. Das spiegelte sich unter anderem in den drastisch zurückgehenden Mitgliederzahlen in der PZPR wider. Der Warschauer Pakt (Mai 1955) als Gegengewicht zur Nato, der Deutschland beigetreten war, band Polen wieder stärker an die UdSSR; die Bindung hatte zuvor wegen einiger Skandale und des Unmuts der Bevökerung nachgelassen. Grundsätzlich änderte sich nicht viel, jedoch erhielten Kirche und Intellektuelle nach dem Tod Bieruts (1956) mehr Freiraum.Am 22. Juni 1956 streikten in Póznan (Posen) Arbeiter der Zispo-Werke für mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Die schon vorher unzufriedenen Intellektuellen schlossen sich an. Der Staatsapparat reagierte mit Niederschlagung, es gab rund 80 Tote und Hunderte Verletzte. Trotz folgender Lohnerhöhungen und kleinerer Änderungen im Parteiapparat protestierten im August 1956 eine Million Menschen. Gomułka, der zuvor von den Stalinisten politisch abgesetzt wurde, wurde als Reformer eingesetzt und beruhigte damit das Volk.
Gomułka regierte tatsächlich deutlich liberaler, die wirtschaftlichen Probleme, die zu geringe Lebensmittelproduktion und die Landflucht mit der Folge der Überlastung der Städte bekam er aber nicht in den Griff. Parallel dazu etablierte Mieczysław Moczar als Führer der Nationalkommunisten eine eigene militärische Macht und eine antisemitische Kampagne gegen Juden. Die Häfte der rund 20.000 in Polen lebenden Juden verließ bis 1968 das Land. Die gegen den Antisemitismus protestierenden Studenten in Warschau schafften es aber nicht, die Arbeiter mitzuziehen und dieser friedliche Aufstand wurde erstickt.
Zum Ende Gomułkas Regierungszeit verbesserten sich die Beziehungen - politisch wie wirtschaftlich - zu Deutschland erheblich. 1970 wurde der deutsch-polnische Vertrag unterschrieben, darin ging es hauptsächlich um die Frage der Grenze. SPD und FDP arbeiteten auf deutscher Seite den Vertrag aus, CDU und CSU stimmten erst 1972 zu, weil sie meinten, Deutschland hätte mehr «herausholen» können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch der deutsch-russische Vertrag, der bereits kurz vorher abgeschlossen wurde. Schon in diesem wurde die Oder-Neiße-Linie festgeschrieben, der deutsch-polnische Vertrag war «nur» ein Untervertrag dazu.
Versorgungskrise im Jahr 1970
Die schlechte Versorgungssituation mit Lebensmitteln und Wirtschaftsgütern und die steigenden Preise für die Güter des täglichen Bedarfs, entstanden durch Mißernten, Bevökerungszuwachs und die Einführung teilweise marktwirtschaftlicher Strukturen, sorgten für einen Aufstand. Dieser eskalierte vor Weihnachten 1970: Am 14. Dezember protestierten in Gdańsk (Danzig) Arbeiter, wobei eine Frau erschossen wurde. Der folgende Aufstand überzog schnell das ganze Land mit dem Ergebnis von über 1.000 Verwundeten und rund 50 Toten. Die bisherige Regierung hatte ihre Überforderung damit klar dokumentiert und sie wurde abgewählt. Nachfolger wurde Edward Gierek, der um Vertrauen warb und mit Unterstützung russischer Kredite zahlreiche defizitäre Bereiche subventionierte. Die Fehlentwicklungen in der Wirtschaft wurden so kaschiert. Allerdings erreichte Gierek später in Verhandlungen mit dem Westen die Gewährung von Krediten zum Ausbau der polnischen Industrie, in der Sowjetunion zeigte er sich blocktreu und im Land gewann er Rückhalt. Durch die Ölkrise 1973 wurde aber deutlich, dass sich Polen unter Gierek übernommen hatte: Die westlichen Kredite konnten nicht mehr bedient werden, der Schuldenstand war immens.Eine weitere Erhöhung der Lebensmittelpreise im Juni 1976 aufgrund der schlechten Finanzlage des Staates führte wieder zu Streiks. Die Polizei ging gewaltbereit gegen die Streikenden vor, die Regierung Gierek verlor an Ansehen. Auf diesem Boden gedieh ein neues gesellschaftliches Selbstbewusstsein, insbesondere um das "Komitee für gesellschaftliche Selbstverteidigung" (KSS = Komitet Samoobrony Społecznej) herum. Auch die wissenschaftliche Welt lebte auf: Veranstaltungen wie die «fliegende Universität» zu vielfältigen Themen wurden begeistert angenommen, viele Menschenrechtsorganisationen und weitere Selbstverteidigungskomitees entstanden.
Die Kirche unterstützte diese Entwicklungen und gewann dadurch erheblich an Rückhalt - wieder einmal. Dazu kam, dass 1978 Karol Wojtyła zum Papst gewählt wurde. Das war das erste Mal, dass ein Pole Papst wurde. Bei seinem Besuch 1979 in Polen forderte der Papst die Einheit aller Polen, die Achtung der Menschenrechte und Überzeugungen der Gläubigen, das Recht auf Selbstbestimmung und Entfaltung im polnischen Volk, die Souveränität der polnischen Gesellschaft und der Nation sowie die Normalisierung des Verhätnisses zwischen Kirche und Staat. Bei seinen späteren Besuchen, 1983 und 1987, präzisierte, erweiterte und erneuerte er die Forderungen. Damit unterstützte er intensiv die weitere Entwicklung in Polen, was ihm auch nach seinem Tod im April 2005 noch sehr hoch angerechnet wird.
Leider erfolgte in den nächsten Jahren nur eine kleine Veränderung im Umgang des Staates mit den Bürgern, so dass sich die Arbeitsbedingungen, die Versorgung und Korruption immer weiter zum Negativen entwickelten. Die Identifikation zwischen Staat und Volk wurde immer geringer, dafür zog die Kirche immer mehr Menschen an.
Die KSS begann 1977, eine Zeitschrift herauszugeben: Robotnik. Das bedeutet «Arbeiter». Darin wurden gewerkschaftsähnliche Prinzipien diskutiert, die auf breites Echo stießen - insbesondere mit Themen zur Arbeitssicherheit und Vertretung der Arbeitnehmerrechte. 1978 entstand ein überbetriebliches Streikkomitee, in dem auch Anna Walentynowicz und Lech Wałesa Gründungsmitglieder waren, die später auch in Deutschland bekannt wurden. Weitere gewerkschaftsähnliche Organisationen entstanden, gaben Informationsschriften heraus, zum Teil illegal. 1980 eskalierte bei einer weiteren verdeckten Preiserhöhungsrunde die Situation, als eine Streikwelle im Sommer durch Polen wogte. Daraufhin musste die Regierung Gierek einige Forderungen der Streikenden akzeptieren: Streikrecht, Pressefreiheit, keine Verfolgung der Opposition, keine Zensur, Freilassung aller politischen Gefangenen, keine Privilegien mehr, Mindestlohn, Lohnsteigerungen und geregelte Arbeitszeiten. Als überregionale Gewerkschaft mit landesweiter Wirkung etablierte sich bald die Solidarność (Solidarität), die schon kurz nach Ihrer Gründung 75 Prozent der polnischen Arbeitnehmer vertrat. Weitere Gewerkschaften entstanden.
1981, die wirtschaftliche Situation hatte sich noch weiter verschlechtert, wurde nach zahlreichen Streiks am 13. Dezember die Solidarność verboten und erst 1983 wieder zugelassen - nach einem Besuch des Papstes. In der Zwischenzeit hatte Polen das Kriegsrecht verhängt und konnte unter diesen Bedingungen die wirtschaftliche Situation ein wenig stabilisieren, trotz ausbleibender neuer Kredite aus dem Ausland. Diese Nutzung des Kriegsrechts wurde durchaus als berechtigt angesehen, weil die Regierung zum Teil die Kontrolle verloren hatte und die reale Gefahr bestand, dass die Sowjetunion im anderen Fall militärisch eingreifen würde.
Umschwung ab etwa 1988
Im Rahmen der politischen Veränderungen auch in der Sowjetunion war es erstmals 1988 möglich, dass die Solidarność eine Regierung bilden konnte. Unter den sich weiter verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen hatte die Gewerkschaft bei den Wahlen sehr gute Ergebnisse und die Kommunisten unterlagen dramatisch. Die Probleme in der Wirtschaft waren nach wie vor sehr groß; zwar sank die Inflation, aber Versorgung, Lebensstandard und Arbeitslosigkeit verschlechterten sich weiter. Hinzu kam eine bemerkenswert hohe Zahl von Emigranten: Viele gebildete Polen planten die Auswanderung als festen Bestandteil im Leben ein, weil sie in Polen keine Perspektiven sahen.Eine große Streikwelle im Jahr 1988, im Anschluss an eine Durchschnittspreiserhöhung um 36 Prozent, legte die Grundlage für eine umfassende Wirtschaftsreform. Ein Umschuldungsabkommen im gleichen Jahr sorgt für eine Entlastung der gewaltigen Zins- und Rückzahlungslasten an das Ausland. Ab 1989 gibt es auch freies Unternehmertum in Polen und zahlreiche unrentable Staatsbetriebe werden geschlossen. Ein Großkredit und Nahrungsmittellhilfen Italiens (an Premier Mazowiecki beim Besuch im Oktober 1989 in Italien zugesagt) bringen Entlastung. Im Rahmen der Vereinigung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Bundesrepublik Deutschland (BRD) vereinbaren Politiker beider Seiten (auf deutscher Seite insbesondere Helmut Kohl und Hans-Dietrich Genscher) die Festschreibung der polnischen Westgrenze.
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Europa und Polen
Betrachtet man die jüngere Geschichte Polens, spielt besonders der EU-Beitritt Polens (EU=Europäische Union) eine wichtige Rolle. Dieser wurde am 1. Mai 2004 realisiert; davor stand ein langwieriger Beitrittsverhandlungs-Prozess. Es handelte sich jedoch um keinen «vollwertigen» Beitritt (Vollmitgliedschaft), sondern es gelten noch einige Jahre Einschränkungen: Zum Beispiel gibt es keine Gleichbehandlung im Vergleich zu «alten EU-Mitgliedern» in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder manche Zollregelungen. Seit Ende 2007 gilt jedoch auch für Polen das so genannte Schengen-Abkommen, so dass es seitdem keine Grenzkontrollen mehr gibt.Polen gilt als in die EU strebendes Land mit einem hohen Interesse, von innereuropäischem Handel zu profitieren. Es gibt jedoch im Land auch EU-kritische Stimmen, die den «Ausverkauf» des Landes oder das ««Ausbluten» durch die Emigration von Arbeitskräften befürchten. Diese Stimmen werden jedoch immer weniger, weil die wirtschaftliche Entwicklung dagegen spricht.
Wirtschaftliche Entwicklung in Polen
Die EU-Befürworter haben ein Argument auf Ihrer Seite: die wirtschaftliche Entwicklung. Mit zunehmender Integration in Europa ist Polens Wirtschaft eine der dynamischsten in Europa geworden - bei hohem (vermuteten) Potenzial. Durch die Globalisierung und die ausgeschöpften Märkte der Heimatländer großer, meist westlicher, Konzerne drängen diese in das Land, um sich dort Marktanteile zu sichern und Ihre Marke zu etablieren. Neben einem großen Absatzmarkt sind auch viele Produktionsbetriebe in Polen ansässig geworden, darunter so genannte Zukunftstechnologien. Die Gewichtung des primären Sektors der Wirtschaft (Landwirtschaft) und des sekundären Sektors (Industrie) ist zu Gunsten des tertiären Sektors (Dienstleistungen) zurückgegangen, was als Indikator für wirtschaftliche Entwicklung interpretiert werden kann. Die Sozialversicherungssysteme sind mehrfach reformiert worden, deren Akzeptanz in der Gesellschaft darauf gestiegen ist.Außenpolitik
Unter der Regierung der Kaczyński-Brüder seit 2005 (Lech Kaczyński als Staatspräsident und Jarosław Kaczyński als Regierungschef) - und auch bereits davor - hat sich ein «neues Selbstbewusstsein» in Polens Aussenpolitik entwickelt. Dies spiegelt sich zum Beispiel im Verhalten Polens während des Irak-Kriegs wider. In diesem schlug sich Polen, etwas abseits von der europäischen Position, stärker in Richtung der Positionierung der USA. Polnische Soldaten beteiligten sich aktiv im Krieg. Auch die schon immer kritische Position in Polen gegenüber der Tolerierung der Interessen deutscher Vertriebenenverbände durch die deutsche Regierung wird nun offen kommuniziert. Durch eine politisch nicht sehr stabile Allianz unter anderem mit nationalistischen kleineren Parteien hatte sich vorübergehend ein gewisser Nationalismus in der Innen- und Außenpolitik etabliert.Mit der Abwahl Jarosław Kaczyńskis im Jahr 2007 und dem neuen Premierminister Donald Tusk ist jedoch eine sehr kooperative, eu-freundliche Haltung eingezogen. Lediglich im Hinblick auf die Interessen der Vertriebenenverbände in Deutschland besteht nach wie vor große Skepsis,