Romane und Geschichten
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Tod in Breslau (Marek Krajewski) Man spürt Sie schon nach den ersten Seiten, als wäre man dabei: Die unerträgliche Hitze im Sommer in Breslau im Jahre 1933. Das Jahr, in dem ein schrecklicher Mord, der im Zug von Berlin nach Breslau verübt wurde, aufgeklärt werden soll. Der Kriminalinspektor Mock, ein nicht ganz unfehlbarer und doch sympathischer lebensfreudiger Herr mit seinen ganz eigenen Problemen, wird mit der Aufklärung des Falls beauftragt. Der Fall ist in Zeiten der an Macht gewinnenden Gestapo in der Stadt auch für seine Karriere nicht ganz unwichtig. Ein spannendes Netz aus Machtspielen, Motiven und Interessen wird von Marek Krajewski virtuos aufgespannt und zieht den Leser schnell in seinen Bann. Welche Rolle spielt der dem Kriminalkomissar so plötzlich aus Berlin zugeordnete Kriminalassistent Herbert Anwaldt? Warum wurde im eigentlich einigermaßen friedlichen Breslau solch ein Ritualmord verübt? Was für ein Geheimnis hat der Vater der ermorderten Baronin Marietta von der Malten? Fragen, die den Leser während des schnellen Verschlingens des lebendig geschriebenen Romanes immer wieder bewegen. Marek Krajewski gerlingt es auf perfekte Weise, ein lebendiges Bild eines Breslaus der 30er-Jahre zu vermitteln. Selbst einzelne Orte, Plätze, fast ein ganzer Stadtplan ensteht im Kopf des Lesers, ohne das dies angestrengt wirkt. Kein Breslau der Ordnung und gehobenen Welt wird hier beschrieben, sondern auch ein Breslau der Halbwelt unterhalb des gesellschaftlichen Wasserpiegels. Prostitution, Erpressung und Antisemitismus sind alltäglich. Die Hauptakteure schaffen es, Sympathien und auch Mitleid zu wecken. Wie in einem guten Roman sehnt man sich nach einem - nicht absehbaren - guten Ende für die beiden Komissare Mock und Anwaldt. Natürlich: Es handelt sich nicht um einen historischen Roman, der ein reales Bild vermitteln kann - und das auch nicht möchte. Manche Beschreibung von Gewalttätigkeiten ist furchterregend; für Kinder daher weniger geeignet. Wer historische Dokumente sucht, sollte sich eher keinen Krimi aussuchen. Wir halten die Dramaturgie und die Anreicherung um reale oder zumindest mögliche Fakten für ausgesprochen gelungen lesenswert. Kein Wunder: Krajewski, Jahrgang 1966, ist Altphilologe und scheut sich auch nicht, die Extravaganzen mancher Vertreter seiner Profession ironisch aufzuspießen. In Polen gilt der Dozent an der Universität Wroclaw (Breslau) als Begründer des neuen Genres des Stadtkrimis - sein erstes Werk «Tod in Breslau» avancierte schnell zum Bestseller. Zu Recht, wie wir finden. Unumgänglich entsteht beim Leser ein Interesse an historischen Zusammenhängen, ganz zu schweigen vom Wunsch, die Originalschauplätze kennenzulernen. Krimifreunden, Breslaufans und solchen, die sich vorstellen können, es zu werden, sei dieser Kriminalroman unbedingt ans Herz gelegt! Die knapp 320 Seiten werden die meisten sicherlich ganz schnell lesen, weil es keine Längen oder langweiligen Passagen gibt. «Tod in Breslau» kostet neu 9,00 Euro. Tod in Breslau über Amazon bestellen.
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Parkstraße 15 – Die Geschichte einer Breslauer Bürgerfamilie von 1700-1945 (Rudolf Großpietsch) Rudolf Großpietsch wurde im Jahre 1922 in Breslau geboren und schildert in «Parkstraße 15» sein Leben mit einem Hintergrund aus der Ahnenforschung. Er wertet den Stammbaum seiner Familie darin aus, lässt persönliche Sichtweisen vor den Augen des Lesers passieren und bietet ergänzende Dokumente. Das Buch ist – das lässt sich unschwer bereits beim Anlesen erkennen – nicht von einem professionellen Schriftsteller verfasst. Das macht es aber keinen Deut schlechter, eher im Gegenteil: Wer sich einmal die Empfindungen, Wahrnehmungen und die Geschichte von Vertriebenen auf ganz menschlicher und individueller Ebene vor Augen führen möchte, sollte das mit insgesamt 172 Seiten nicht allzu umfangreiche Werk unbedingt lesen. Obwohl es die eine oder andere Wiederholung im Buch gibt, liest sich die Geschichte einer Kaufmannsfamilie aus Breslau sehr leicht. Sie kommt dem Leser auf eine Art nahe, die etwas vom Erzählen des Großvaters hat, einfach sympathisch. So ist auch der Schreibstil: Weniger professionalisiert und mit stilistischen Finessen, als bodenständig und normal. Die Geschichte ist sicherlich nicht untypisch für die Familiengeschichte vieler in Deutschland Lebenden: Der 2. Weltkrieg sorgt dafür, dass die Familie aus der schlesischen Heimat vertrieben wird. Die Familie des Autors dieses Buchs lebte, recht wohlhabend, in Breslau - in Schlesien. Die Stadt, wie sie von dem Verfasser als Jugendlicher wahrgenommen wurde, wird detailliert und persönlich beschrieben; man bekommt Lust, umgehend dorthin zu reisen. Auch die heutige Situation, die polnische Gastfreundschaft und die schwierige Beziehung zwischen Vertriebenen und heutigen Einwohnern werden thematisiert. Schön ist, dass der Verfasser im Gegensatz zu vielen anderen Betroffenen, die objektive Sicht auf die Dinge wahrt und auf faire Weise beispielsweise die heutigen Bewohner des elterlichen Hauses darstellt. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir an solcher Stelle von emotional gefärbten Berichten lesen, die – sicher nicht gewollt, aber dennoch verletzend – die ebenfalls von den Vertreibungen betroffenen heutigen Bewohner diffamieren. Die nebenbei erfolgende Vermittlung der Familiengeschichte des Autors ist sehr interessant und – wieder ein die Neugier weckender Aspekt – bewegt das Interesse, auch der eigenen Familienhistorie mit mehr Interesse entgegenzutreten. Für die nächste Familienfeier ein willkommener Anlass, die eigene Familiengeschichte vor dem neuen Wissens- und Erfahrungshintergrund zu diskutieren. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Generation der aus dem heutigen Polen vertriebenen Menschen in ein gehobenes Alter eintritt, ein sehr wichtiges und interessantes Dokument dieser Zeit. Das Buch eignet sich sowohl für die individuelle Information, als auch für Gruppenarbeiten. Gerade, wer ebenfalls Wurzeln in Schlesien hat, bekommt hier hilfreiche Informationen und die Sicht eines Betroffenen als Lesestoff. «Parkstrasse 15» kostet 15,50 Euro. Parkstraße 15 über Amazon bestellen.
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Polski Tango ist zunächst einmal grammatisch falsch: Es muss eigentlich «Polskie Tango» heißen. Aber das merkt der Autor, Adam Soboczynski, natürlich später in seinem Buch selbst. Polski Tango ist ein wunderbares, schön zu lesendes, kurzes, vergnügsames und weitererzählenswertes Buch. Liebevoll baut man zwischen den mit Ironie gespickten, fast alle Klischees behandelnden Kapiteln ein ganz besonderes Verhältnis zu diesem Land und seinen Menschen auf. Wer «Generation Golf» gelesen hat, wird hier manches im übertragenen Sinne wiederfinden. Wem solche Selbsterkenntnisse und die witzige Herangehensweise an die eigenen Vorurteile gefallen, der wird an Soboczynskis Buch seine Freude haben. Man muss allerdings fast «Büchlein» sagen, denn besonders umfangreich ist es nicht. Aber ein Buch, das man gern wieder liest, das sich gut zum Verschenken eignet und bei dem man immer wieder Schmunzeln muss, wenn man es im Bücherregal entdeckt. Polski Tango ist kein tiefgründiges, nachdenklickes oder zutiefst melancholisches Werk, sondern eher eine aktuelle Bestandsaufnahme mit viel Nähe zum Leser. Sicher polarisiert es auch: Mancher findet es zu flach, zu dünn und zu sehr dem Zeitgeist folgend. Wir finden es einfach nett zu lesen und empfehlen es sehr gern. Soboczynski kann es sich erlauben, ein wenig ironisch an das Thema heranzugehen: Er ist als Kind aus Polen (Masuren) nach Deutschland ausgewandert, natürlich auf Initiative seiner Eltern. Als zwischenzeitlich in Deutschland bekannt gewordener Journalist begibt er sich in diesem Buch auf eine Reise in seine polnische Vergangenheit - im «Heute» natürlich. Dass ihm das Spaß macht, merkt man. Dass es ihn gelegentlich nachdenklich macht, manchmal auch. Von Zeit zu Zeit so nachdenklich, dass man fürchtet, er flüchtet sich nur deswegen in Witz und Ironie, um manche Gedanken nicht zu Papier bringen zu müssen. Seine Betrachtungen sind die eines eher aus deutscher Perspektive denkenden Menschen, was das Buch eben nicht zum Insider-Buch für Emigranten macht - wir denken, jeder kann die Klischees und Vorurteile nachvollziehen. So analysiert er das Putzfrauen-Syndrom und schafft hier auch den Sprung auf eine «volkswirtschaftliche Ebene», er beobachtet genau das Verhältnis von Polen und Deutschen zu ihren Autos und lässt auch das nicht immer einfache Thema Alkohol nicht aus. Aus unserer Sicht hat Sobczynski mit Polski Tango einen fast würdigen Nachfolger von Polski Blues von Janosch vorgelegt. Denn beide Bücher haben einen eindeutigen zeitgeschichtlichen Horizont, werden aber aus unserer Sicht auch in vielen Jahren noch lesenswert sein. Polski Tango kostet 17,90 Euro. Polski Tango über Amazon bestellen.
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Polski Blues von Janosch ist unser Klassiker der Einstiegsliteratur, wenn man sich mit Polen beschäftigt. Und keineswegs ein Kinderbuch, wenn es auch für Jugendliche eindeutig geeignet ist - aber auch (oder sogar besonders) für Erwachsene. Das Büchlein schafft einen sympathisches, ehrliches und auch kritisches Bild einer polnischen Gesellschaft, wie sie lange Jahre bestand und in vielen Regionen Polens heute noch besteht. Selbst wenn sich manche gesellschaftlichen Gepflogenheiten insbesondere in den städtischen Regionen in der jüngeren Zeit verändert haben, gibt es doch zahlreiche charakteristische Züge dieser Gesellschaft wieder, wie sie sicher noch Jahrhunderte in Polen existieren werden. Pragmatismus, Melancholie eigener Art, eine ganz eigene Art, die Zukunft zu sehen und mit Problemen unzugehen - das sind nur Stichworte, die Janosch zwischen den sehr amüsant lesenswerten Zeilen lebhaft vor dem geistigen Auge entstehen lässt. Polski Blues ist kein langes Buch, sondern ein Buch, dass dem Leser immer irgendwie zu kurz vorkommt. Weil es Spaß macht, zu lesen. Dennoch ist es ein nachdenkliches Buch, auf eine Art, wie sie wenige Autoren beherrschen. Man kann über Janosch denken, was man will: In vielen Büchern - in diesem besonders - gelingt ihm eine erzählerische Art, die viele Menschen fesselt. Und die mehr gibt, als die reine Information aus dem Text oder das Bewundern schöner sprachlicher Wendungen. Uns haben schon viele Bekannte gesagt, dass Ihnen die Lektüre von Polski Blues (das wir übrigens gern zu Geburtstagen an gute Freunde verschenken) sehr geholfen hat, die Charakterzüge der Menschen in Polen zu verstehen. Worum es geht: Ein polnischer Regisseur (Staszek Wandrosch) fährt aus dem Ausland nach Polen. Dort trifft er - gewollt - auf sein Vorbild aus der Jugendzeit. Das ist der legendäre Jazztrompeter Zdenek Koziol. Im kleinen Dorf Kuznice findet er Koziol, der als liebste Freizeitbeschäftigung mit einem einzylindrigen Jawa-Motorrad, Baujahr 1937, über die Felder rund um das Dorf rast. Eine zenrale Rolle im Dorf nimmt ein anderer, von Koziol «mitgebrachter» Musiker ein: Zbigniew Kowalski kümmert sich als (falscher) Priester um die Sünden der Dorfbewohner. Über Janosch: Geboren im Jahr 1931 in Zabrze in Oberschlesien lernte er zunächst Schmied und Schlosser. Als Künstler wurde er in den fünfziger Jahren in Deutschland bekannt, zwischendurch war er auch Hilfsarbeiter in einer Textilfabrik.
Als Autor von über einhundert Büchern für Kinder und Erwachsene, Illustrator und Geschichtenerzähler ist er heute international berühmt und erhielt verschiedene Preise. Polski Blues kostet 7,00 Euro. Polski Blues über Amazon bestellen.
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Reise in Polen: Alfred Döblin schreibt über eine Reise nach Polen im Jahre 1924. Er beobachtet die jüdische Bevölkerung vor dem Hintergrund, dass er selbst Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie ist und mit dem Wissen über die unfassbaren Entwicklungen im Verhältnis zu den Juden in Deutschland. Zwei Monate lang reist er über verschiedene Städte und lässt sich stark von der Lebensweise der Menschen bewegen. Er ist entsetzt ob des Hasses und der Verachtung, der den Juden entgegenschlägt. «Reise in Polen» erschien erstmals im Jahre 1925, ist jedoch noch heute - oder gerade - ein lesenswertes Stück Geschichte, das zum Nachdenken anregt. Döblin, der Nervenarzt und Zeitschriftenmitgründer aus Berlin, wanderte 1933 nach Paris aus, 1940 floh er nach Amerka und kehrte nach dem Krieg nach Deutschland zurück. «Reise in Polen» kostet 15,00 Euro. Reise in Polen über Amazon bestellen.